Vielleicht haben wir es zur Zeit mit einer Renaissance des Partikularen zu tun: Wertgeschätzt wird nicht mehr nur das, was alle unterschreiben können. Die verstärkte Hinwendung zum allgemein Religiösen könnte darauf hin weisen, dass auch in einer pluralen Gesellschaft modernen Zuschnitts nicht nur das Relevanz besitzt, was von allen geteilt wird, sondern auch das, was von einzelnen Gruppen vertreten wird (vgl. auch Habermas‘ These von der postsäkularen Gesellschaft). Natürlich ist die damit angedeutete Unterscheidung zwischen „partikulär – universal“ auch ein Problemgegenstand von Ethik, zumal von theologischer Ethik. Im Licht von „Ethik“ stellt sich diese Unterscheidung dann als „gut – gerecht“ dar: das Gerechte ist das Universalisierbare, das Gute ist das Partikulare. Nach der Lektüre von zwei Texten (s.u.), die diese Unterscheidung thematisieren, habe ich mal eine Liste von sehr unterschiedlichen Gegensatzpaaren erstellt, die in ethischer Perspektive jeweils links eine (mehr oder weniger direkte) Verbindung zum Guten und rechts eine (mehr oder weniger direkte) Verbindung zum Gerechten aufweisen:
GUT – GERECHT
partikulär – universal
teleologisch – deontologisch
Aristoteles – Kant
Streben – Sollen
private Sphäre – öffentliche Sphäre
Hermeneutik – Transzendentalphilosophie
Lebenswelt – Gesellschaft
Gemeinschaft – Gesellschaft
konkreter Andere – verallgemeinerter Andere
Intuition – Vernunft
Ethosethik – Vernunftethik
Theologie – Philosophie
Glaubensethik – autonome Moral
kommunitaristische Ethik – Diskursethik
Natürlich gibt es über jedes Paar eine Menge zu diskutieren. Zu Fragen wäre vor allem, ob man die beiden Seiten integrieren kann…
Literatur:
- Heimbach-Steins, Marianne: Universalitätsanspruch und prophetischer Anspruch – Korrektive christlicher Ethik aus katholisch-theologischer Perspektive. In: Lob-Hüdepohl, Andreas (Hg.): Ethik im Konflikt der Überzeugungen. Freiburg Schweiz (Academic Press Fribourg) 2004 (= Studien zur theologischen Ethik), S. 95–118.
- Münk, Hans J.: Theologische Ethik und Pluralismus. Theologische Sozialethik im Spannungsfeld der philisophisch-ethischen Diskussion einer Trennung von Gutem und Gerechtem. In: Münk, Hans J.; Durst, Michael (Hg.): Christliche Identität in pluraler Gesellschaft. Reflexionen zu einer Lebensfrage von Theologie und Kirche heute. Freiburg, Schweiz (Paulusverl.) 2005 (= Theologische Berichte), S. 190–256.