Dissertation zur Medienethik erschienen

Fast exakt ein Jahr nach meiner Promotion ist die Dissertationsschrift nun im W. Bertelsmann Verlag erschienen. Die Arbeit versucht eine Medienethik zu entwickeln, die der heutigen gesellschaftlichen Situation Rechnung trägt. Wichtige Schlagworte sind Wissensgesellschaft, Wissen, Wissensvermittlung, Literalität (literacy), Bildung, Erziehung, öffentliche Kommunikation, Medien, Ethik, Theologie und Beteiligung und Beteiligungsgerechtigkeit. Wichtige Referenzautoren sind u.a. Niklas Luhmann, Manfred Rühl, Joachim Kade, Ingrid Nolda, Marianne Heimbach-Steins, Thomas Hausmanninger. Der – natürlich immer recht zugespitzte Klappentext – lautet:

Heute vermitteln die Medien das Wissen zwischen der Gesellschaft und den Individuen. So sprechen Soziologen von einer Wissensgesellschaft. Die individuellen Möglichkeiten, sich dieses Wissen anzueignen, sind maßgeblich für die Lebenschancen: Sie entscheiden über den Bildungsstand, die Möglichkeiten im Erwerbsleben und das Einkommen, über die Gestaltungsmöglichkeiten und die Teilnahme im gesellschaftlichen und politischen Leben.
Alexander Filipovic analysiert und bewertet gesellschaftliche Trends, Bildung und die Medien aus der Perspektive der Beteiligungsgerechtigkeit, wie die christliche Sozialethik sie vertritt. Daraus leitet er eine Medienethik ab, die eine gerechte Vermittlung und Aneignung von Wissen fordert.

Dass die akademische Zweckschrift jetzt vorliegt, macht mich natürlich froh. Unglaublich viel Arbeit steckt dahinter. Vielleicht, so die Hoffnung, stößt die Arbeit ja im medienethischen, kommunikationswissenschaftlichen, (theologisch-)sozialethischen und bildungsethischen Bereich auf Interesse. Über Kommentare und/oder eine Auseinandersetzung über die Thesen und Ergebnisse freue ich mich natürlich. Nähere Informationen, auch zum Inhalt, hier.
PS: Ach ja, kaufen kann man das Buch natürlich auch. Kostet nur 29,90 € (Schnäppchen!). Schnell zuschlagen – es sind nur 400 Exemplare produziert worden 😉

[Update 14.06.2007]: Mittlerweile gibt es auch das Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe (Einführung) als *.pdf.

Marketing im Web2.0 – Heute: Fakeblogging

Für einen Vortrag über „Dramaturgie und Marketing als Gegenstand von Sozialethik“ habe ich schon mal hier einige Ressourcen zu viralem Marketing, Guerilla-Marketing und neuen Entwicklungen im Grenzgebiet zwischen PR, Werbung, Jornalismus und Weblogs aufgeführt. Heute lese ich auf dem Wortfeld die krasse Calvinisten-Geschichte

Stellen wir uns einfach auf ein Leben ein, in dem Wahrheit, Gewissheit und Glaubwürdigkeit old-fashioned ist oder halten wir an der Forderung fest, dass (öffentliche) Kommunikation irgendwie wahrhaftig sein soll? Bin mir da gerade unsicher…

Second Life und die Journaille

Beim Lesen der ganzen Spiegels, Kulturseiten, Wochenzeitungen usw. ist mir auch durch den Kopf gegangen, ob im Second Life eigentlich vor allem ganz pfiffige und vor allem trendige Journalisten unterwegs sind? Spreeblick bringt es auf den Punkt und hat auch einen Seitenhieb für den Redaktionsalltag übrig:

Second Life ist ein virtueller Swingerclub für Journalisten. Die Plattform wird von den großen Medienhäusern der Welt finanziert um in den kommenden Jahren die Redaktionskantine, Betriebsausflüge und Konferenzräume zu ersetzen und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz endlich auch denjenigen möglich zu machen, die gar keinen haben.

Medienethik der Zukunft

Tagung Medien der Zukunft

Vergangenen Mittwoch habe ich das Symposium „Zukunft der Medien – Medien der Zukunft“ besucht, das vom Mediencampus Bayern e.V., srt – Schule für Rundfunktechnik Nürnberg und dem Presseclub Nürnberg veranstaltet wurde. Eine sehr gut organisierte, interessante und angenehme Veranstaltung. Einige nette Menschen habe ich dort getroffen.

Selbst durfte ich einen Vortrag zu den Herausforderungen für die Kommunikations- und Medienethik halten. Ich habe versucht, die sozialen Aspekte des Medienwandels zu betrachten und die Technik nicht als das eigentliche ethische Problem zu behandeln. Im Kern ging es mir um:

  1. Medienethik ist keine Skandalethik, die immer nur dann einsetzt, wenn irgendwo mal wieder vermeintliche Grenzen überschritten werden (bspw. Big-Brother).
  2. Im Zeitalter von Newsreader, Podcasts und den entsprechenden Endgeräten geht es Medien- und Kommunikationsethik um die Ermöglichung von kommunikativer Freiheit und um die angemessene Gestaltung dieser Möglichkeiten. An dem Streit darüber ist die Medienethik interessiert.
  3. In der Wissensgesellschaft ist die Beteiligung an medialer und öffentlich-kommunikativer Wissensvermittlung Bedingung der Möglichkeit gesellschaftlicher Teilhabe und daher eine Frage sozialer Gerechtigkeit.

Das sind fast alles Gedanken aus meiner Dissertation (deren Veröffentlichung noch ein wenig auf sich warten läßt). Schön, endlich mal ein paar Ergebnisse daraus vorgestellt zu haben. Den Vortragstext gibt es hier.

Sonst ging es bei der Tagung fast ein wenig penetrant um die Frage, wie sich auch in Zukunft mit den Medien noch Geld verdienen läßt. Schlagworte und Zusammenhänge wie „Geschäftsidee“, „Innovation“, „Content muss verkauft werden können“, „Clusterpolitik“ und „Medienstandort Bayern“ fielen bei der Podiumsdiskussion in jedem zweiten Satz und der „Medienminister“, Staatsminister Eberhard Sinner, entpuppte sich als Medienwirtschaftsminister (und Fan von Bayern 4 und kurzen Reden). Gespräche mit Frau Schardt, Clustermanagerin Cluster Audiovisuelle Medien, und Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, Geschäftsführerin des Mediencampus Bayern e.V. lassen aber hoffen, dass auch für Standortfragen die Medienethik in Aus- und Fortbildung und Wirtschaftsförderung nicht zu kurz kommt. Vielleicht werde ich ja mal wieder eingeladen…

Ach, noch was: Der Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten, Heinz-Joachim Hauck, meinte (in seinem sonst sehr informativen Vortrag) ernsthaft, dass man Zeitungen heute braucht, damit Zeitungsredakteure im Informationsdschungel sagen, was wirklich alle wissen müssen… Ich lass‘ das mal so stehen und hoffe, dass jemand einen Kommentar hinterläßt…

Kommunikative Beteiligung von Seniorinnen und Senioren

Via Weblog Medienpraxis.ch erfährt man von einem NZZ-Artikel, der die Beteiligung an verschiedenen Formen öffentlicher Kommunikation (Medien) für ältere Menschen thematisiert. Der Artikel zitiert eine Studie der Fachhochschule St. Gallen. In diesem Rahmen artikulierte sich ein Rentner:

Es gehe darum, am Internet grundsätzlich teilzuhaben und bei «heissen Themen» mitzudiskutieren.

Interessant ist die Formulierung „grundsätzliche Teilhabe“. Man kann dies als umfassenden Wunsch interpretieren, an jeglicher öffentlicher Kommunikation über Internet teilnehmen zu können. Wo liegen aber die Könnens-Möglichkeiten? Es geht um das angemessen präsentierte Angebot, um Verstehens- und Nutzungskompetenzen usw., für das bzw. die jeweils verschiedene Verantwortlichkeiten erkannt werden können.

Darüber hinaus geht aber die Forderung, bei heissen, also gesellschaftlich relevanten Themen mizudiskutieren. Dies erweitert den engeren Bereich medialer Teilhabe zu allgemein demokratierelevanten Teilhabechancen. Was also bedeutet es, wenn das Internet für eine demokratische Öffentlichkeit immer bedeutsamer wird (vgl. auch mein Vortrag zum Thema), aber z.B. Seniorinnen und Senioren daran gar nicht beteiligt sind?

Vortrag Marketing, Werbung, Sozialethik

Hier die PowerPoint-Präsentation zum Vortrag: „Ist alles erlaubt, was Umsatz bringt? Eine sozialethische Beurteilung.“

Vgl auch den Eintrag zum gleichen Thema.

Sie sind herzlich eingeladen, Ihre Kommentare zu hinterlassen und in die Diskussion einzutreten.

Update 05.01.2007: Mittlerweile ist eine Zusammenfassung des Vortrags erschienen:

  • Literaturangaben: Filipović, Alexander (2007): Ist alles erlaubt, was Umsatz bringt? Eine sozialethische Beurteilung. In: Hirschberg, 60 Jg. (2007) H. 1 (Januar), 3-8.

Update 14.06.2007: Stephan hat mich auf eine Bilderserie „Werbung an der Grenze“ aufmerksam gemacht.

Update 29.04.2008: Mit freundlicher Genehmigung der Hirschberg-Redaktion darf ich den Scan des Aufsatzes als PDF zur Verfügung stellen:

Dramaturgie und Marketing als Gegenstand von Sozialethik

Für einen Vortrag zum Thema „Ist alles erlaubt, was Umsatz bringt? Eine sozialethische Beurteilung” nächstes Wochenende in Münster auf der Tagung “Dramaturgie und Marketing” (Kath. Akademie Franz Hitze Haus, veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftlergilde der KMF) bin ich auf einen interessanten Blogeintrag bei brainwash gestoßen. Das Blog (das als „Magazin auftritt) wird betrieben von der der Agenturgruppe Robert & Horst (z.B. webguerillas.de). Der Ethiker sollte zwar immer aufmerken, wenn professionelle Öffentlichkeitsarbeiter über PR-Ethik, Manager über Wirtschaftsethik, Sportler über Sportethik, Blogger über Blogethik (gibt’s das übrhaupt?) und eben Guerilla-Marketing-Leute über Marketingethik sprechen – interessant ist der Beitrag dennoch.

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The Power of the Bloggers

At Saturday I am going to present a paper about weblogging as a a new format of public communication and its meaning for international politics at the conference „Political ethics and international order“, Societas Ethica and The Society for the Study of Christian Ethics; Wadham College, Oxford, England.

The analysis of the relationship between public communication (mass media) and politics is part of political ethical reflection. The mass media are seen as means of controlling politics, as „the fourth power“ in the state. However, certain experiences – like the experience of the Iraq War – give cause for the presumption that the meaning of the media as a politically independent observer is overestimated. Obviously the power of the media can be misused by governances, especially in times of international conflicts.
Nowadays, an alternative to the mainstream media is constantly emerging: the weblogs. Weblogs are an additive source of news and opinions/sentiments. Yet you can hardly speak of a substitute for classical journalism. But the question is: are weblogs relevant to a global public sphere and what does this mean for political ethics in reference to international politics? I argue that weblogs enhance the possibilities of political communication and participation, also and especially in international contexts. They create and build a new form of a global public sphere in a special way and as a kind of addition to the mainstream media.

Outline and Keywords

1. What is a weblog?

  • Definitions, Web2.0, motivations for blogging, warblogs, examples

2. Public communication and international politics

  • Mass media as fourth power, the democratic dilemma of international politics, the meaning of the global public sphere, internet and democracy

3. The power of the bloggers – ethical implications of a new form of public communication in relation to international politics

  • Participation and globalisation, enhancement of possibilities of participation, weblogs as a solidary form of global public communication

For recommended further reading see the Handout (pdf).

As a matter of course: Comments are welcome.

Aktuelle Berichte und Links zur Blogosphäre im Nahen Osten IV

Das Medienmagazin vom 6.8.06 auf Bayern 5 hat sich auch mit der Bedeutung der Warblogs beschäftigt (Dank an Marianne für den Hinweis). Hier das Abstract mit dem Link auf globalvoices.org:

Erschütternde Zeugnisse: Weblogs aus dem Krisengebiet

Weblogs aus Krisengebieten werden als Informationsquelle immer wichtiger – auch im aktuellen Krieg zwischen der Hisbollah und Israel. Dank spezieller Portale sind sie leicht auffindbar, beispielsweise über global voices ( www.globalvoices.org/ ); aber auch klassische Medien wie Tagesschau oder CNN stellen Beiträge, Fotos und Videos auf ihre Webseiten – nach entsprechender Prüfung. Reporter ohne Grenzen hat sogar Tipps veröffentlicht, wie Blogger mehr Aufmerksamkeit auf ihre Beiträge lenken können.
Autor: Gabor Paal

Den Beitrag gibt es zum Nachhören als Podcast (mp3) hier.

Aktuelle Berichte und Links zur Blogosphäre im Nahen Osten III

Das Szenemagazin „Zündfunk“ (Bayern 2) berichtet über die Blogosphäre im Nahen Osten. In dem Beitrag „Mit dem Feind im Chat“ (24.07.06) meint Autor Till Ottlitz:

Es ist der erste Krieg, in dem Menschen beider Konfliktparteien richtige Dialoge miteinander führen – und zwar über viele Internet-Tagebücher aus Beirut und Israel.

Zwei Beispiele werden genannt. Noch interessanter das Interview mit der in Tel Aviv lebenden Journalistin Lisa Goldman. Zitat:

Lisa Goldman ist eine gebürtige Kanadierin, die in Tel Aviv lebt, sie ist 39 Jahre alt und schreibt für verschiedene europäische Zeitungen. Sie sagt, dass diese Art gemeinsam Netztagebücher zu schreiben etwas ganz neues darstellt. Der ZÜNDFUNK hat mit ihr gesprochen.

Lisa Goldman: Hier ist etwas Außergewöhnliches passiert: Das ist der erste Krieg, bei dem Menschen aus beiden Konfliktparteien im Internet Tagebuch führen und sich verständigen. Wir schreiben übereinander, kommentieren die Blogs der anderen Seite und verbessern sozusagen in Echtzeit unser Verhältnis. Diese Community aus libanesischen und israelischen Bloggern gab es schon, bevor der Konflikt begann. Wir hatten eine starke Verbindung und haben beispielsweise immer davon geträumt, irgendwann mal von Tel Aviv nach Beirut mit dem Auto fahren zu können. Aber unsere Hoffnungen sind vor unseren Augen explodiert. In den ersten Tagen des Krieges haben wir unsere starke Verbindung aufrecht gehalten, und in vielen Diskussionsbeiträgen in den Blogs haben Israelis und Libanesen haben darüber debattiert, was falsch gelaufen ist. Aber als sich das israelische Bombardement ausweitete, hat sich leider auch der Ton geändert. Es gibt inzwischen auch Fälle von libanesischen Bloggern, die sagen: Wir können nicht mehr mit euch sprechen. Wir hassen euch nicht persönlich. Aber wir sehen, wie unser Land von eurer Armee zerstört wird. Da fällt es uns schwer, Israel nicht zu hassen.

Verlinkt wird auf die Blogs

Im Beitrag „Tagebuch unter Bomben“ (von Armin Hirsch, 27.07.06) wird ein Interview mit dem israelischen Bloggers Eugene und dem libanesischen Blogger Wael dokumentiert. Verlinkt wird auf die entsprechenden Blogs: